Latein Wörterbuch - Forum
MERITO/MERENTI — 1086 Aufrufe
Rudolf Gruber am 24.2.16 um 11:22 Uhr (Zitieren)
Tibull 3, 6, 55:

perfida nec merito nobis inimica merenti

wie kann man den Vers möglichst wörtl. wiedergeben? (R. Helm: Treulose, die du mir feind ohne Grund, da ich immer dir wohltat)
Re: MERITO/MERENTI
Rudolf Gruber am 24.2.16 um 11:41 Uhr (Zitieren)
danke !
Re: MERITO/MERENTI
Kuli am 24.2.16 um 16:57 Uhr (Zitieren)
Wenn man die Lesart beibehalten will, kann man merenti aufgrund der Inkongruenz zu nobis eigentlich nur von cara abhängen lassen.

Du Treulose (perfida) und unverdientermaßen mir feindlich Gesinnte (nec merito nobis inimica), jedoch (sed) dem, der es verdient hätte (merenti) [dass du seine Feindin wärst, nämlich: der Nebenbuhler], du Treulose (perfida), obgleich treulos (quamvis perfida) [sprich: obgleich er um deine Treulosigkeit weiß, da er dich mir ja ausgespannt hat], dennoch Schatz (cara tamen).
Re: MERITO/MERENTI
Rudolf Gruber am 24.2.16 um 19:53 Uhr (Zitieren)
Kuli: genial !
Re: MERITO/MERENTI
filix am 24.2.16 um 21:16 Uhr (Zitieren)
... kann man merenti aufgrund der Inkongruenz zu nobis eigentlich nur von cara abhängen lassen

Es gibt ein paar Beispiele aus der Lit., wo man in so einem Fall bei „nobis“ = „mihi“ eine Synesis annehmen kann. Cf. https://books.google.de/books?id=R901_NMFHQYC&pg=PA386#v=onepage&q&f=false (Nr. 5)

Die Stellung des „sed“ finde ich für deine Lösung ziemlich radikal.
Re: MERITO/MERENTI
Kuli am 24.2.16 um 23:57 Uhr, überarbeitet am 25.2.16 um 0:06 Uhr (Zitieren)
Nun ja, eine vergleichbar extreme Synesis, eine Inkongruenz im Numerus zwischen Bezugswort und p. c., wie sie hier angenommen wird, findet sich in den im Link angeführten Beispielen der augusteischen und frühkaiserzeitlichen Dichtung allerdings nicht. Entsprechend plädiert der Kommentator dafür, in Catull 107, 5 f. cupido atque insperanti als allein von restituis und nobis allein von refers abhängend zu betrachten.

Die Konstruktionen mit prae-/absente + Plur. gehören Tränkles Kommentar zufolge einer Sprachebene an, die mit der Sprache der Elegie nicht vereinbar ist.
https://books.google.de/books?id=oaEiAAAAQBAJ&pg=PA168#v=onepage&q&f=false

Das sed kann man natürlich auch in der Übersetzung dort belassen, wo es in der Vorlage steht.
Re: MERITO/MERENTI
filix am 25.2.16 um 11:09 Uhr, überarbeitet am 25.2.16 um 11:17 Uhr (Zitieren)
Der Kommentar zu Catull akzeptiert offensichtlich unsere Stelle aus Tibull als Beispiel einer solchen; dass sich seine Zweifel auf die als extrem empfundene Inkongruenz im Numerus zwischen Bezugswort und p. c per se gründen, kann ich eigentlich nicht herauslesen - er schränkt vielmehr ein „but here such a combination ...“.
Eine Überflüssigkeit der Annahme aus dem Kontext und eine Überschreitung der Satzgrenzen, m.E. die eigentlichen Argumente, wären in unserem Vers nicht gegeben.

Tränkles Behauptung, dass solches „niederen Sprachschichten“ angehöre, müsste man näher untersuchen, die Begründung im verlinkten Text finde ich recht vage. Für Erklärungen zu „absente nobis“ zwischen Archaismus und präpositionalem Verständnis des Partizips siehe: https://books.google.at/books?id=gU3oBQAAQBAJ&pg=PA83.

Die von ihm für denkbar gehaltene „nec amica“-Variante begreift der Übersetzer der Loeb-Ausgabe übrigens durchaus als Synesis: „... maid faithless for no fault of mine, nor loyal when I deserved, but though faithless, beloved still.“

Das erscheint mir psychologisch betrachtet auch die eleganteste Lösung, denn so bleibt es Ausdruck der inneren Zerrissenheit und das abschließende „sed, quamvis perfida, cara tamen“ bezieht sich ganz auf ihn, der von der Treulosen einfach nicht lassen kann.
 
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Nun ja, eine vergleichbar extreme Synesis, eine Inkongruenz im Numerus zwischen Bezugswort und p. c., wie sie hier angenommen wird, findet sich in den im Link angeführten Beispielen der augusteischen und frühkaiserzeitlichen Dichtung allerdings nicht. Entsprechend plädiert der Kommentator dafür, in Catull 107, 5 f. cupido atque insperanti als allein von restituis und nobis allein von refers abhängend zu betrachten.

Die Konstruktionen mit prae-/absente + Plur. gehören Tränkles Kommentar zufolge einer Sprachebene an, die mit der Sprache der Elegie nicht vereinbar ist.
https://books.google.de/books?id=oaEiAAAAQBAJ&pg=PA168#v=onepage&q&f=false

Das sed kann man natürlich auch in der Übersetzung dort belassen, wo es in der Vorlage steht.
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