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zum gedenken an einen verstorbenen — 2738 Aufrufe
V1RU5 am 18.10.08 um 21:48 Uhr (
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Imoin, ich suche wie ein irrer, aber find nicht wirklich was.
was heist denn: „gekämpft, gehofft und doch verloren“
ich hoffe mir kann jemand helfen?
der spruch bedeutet mir sehr viel, der ist für meinen verstorbenen Vater.
Re: zum gedenken an einen verstorbenen
Elisabeth am 18.10.08 um 21:55 Uhr (
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IVielleicht so:
Pugnans speransque tamen victus.
Re: zum gedenken an einen verstorbenen
V1RU5 am 18.10.08 um 21:59 Uhr (
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Ibist du dir sicher?
ich wollte sinngemäß übersetzen, habe aber nur „und doch“ heißt ja „et verum“ , oder liege ich da falsch?
Re: zum gedenken an einen verstorbenen
V1RU5 am 18.10.08 um 22:17 Uhr (
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IIch bin etwas weiter gekommen, aber mir fehlt immer noch „gekämpft und gehofft“
„und doch verloren“ heist „atqui perditus“, oder?
Re: zum gedenken an einen verstorbenen
Elisabeth am 18.10.08 um 22:52 Uhr (
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Ipugnans: kämpfend
sperans: hoffend
-que: und
tamen: trotzdem
victus: besiegt
Re: zum gedenken an einen verstorbenen
Bibulus am 18.10.08 um 23:04 Uhr (
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IIch weiß nicht, ob es so geht:
(mit den Infinitiven Perfekt Aktiv)
pugnavisse speravisseque tamen victus
(gekämpft haben und gehofft haben, dennoch besiegt worden)
Re: zum gedenken an einen verstorbenen
Elisabeth am 19.10.08 um 11:39 Uhr (
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IDas hat jedenfalls den Vorteil, dass das Passiv wegkommt, was ja sonst (pugnatus) unbedingt mit drin wäre.
Der Parallelität halber vielleicht dann auch noch „victum esse“ - und vielleicht doch ohne -que:
pugnavisse, speravisse, tamen victum esse.
Re: zum gedenken an einen verstorbenen
Dr. Wolfgang Weimer am 19.10.08 um 14:24 Uhr (
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I
@Elisabeth + Bibulus
„Spät kommt Ihr, doch Ihr kommt ...“
Was mich an dieser Übersetzung stört, ist zweierlei:
1. der Verlust der Vorzeitigkeit (die in der deutschen Vorlage freilich nicht vorkommt, aber die Lateiner nehmen es damit doch genauer als wir, oder?): ERST hatte er gekämpft und gehofft, DANN hat ist er dennoch besiegt worden; bei Ihnen klingt es so, als ob alles gleichzeitig passiert sei;
2. die infinite Form, obwohl es sich doch um eine ganz bestimmte (finite) Person handelt: den Vater.
Daher schlage ich vor:
pugnaverat, (oder et) speraverat, tamen victus est.
Da ich in grauer Vorzeit einmal das Latinstudium geschmissen habe, weil ich mit den Stilübungen nicht klarkam, bin ich jetzt, da ich Leute kritisiere, die von Latein erkennbar weit mehr Ahnung haben als ich, sehr gespannt, ob ich diesmal richtig liege.
Re: zum gedenken an einen verstorbenen
Dr. Wolfgang Weimer am 19.10.08 um 14:26 Uhr (
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IKorrektur (Teufel, man soll den Text durchlesen vor dem Abschicken!):
DANN ist er dennoch besiegt worden; bei Ihnen klingt es so, als ob alles gleichzeitig passiert wäre;
Re: zum gedenken an einen verstorbenen
Elisabeth am 19.10.08 um 16:07 Uhr (
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IJetzt sind Sie beinah päpstlicher als der Papst: Bei der einfachen Aneinanderreihung von Handlungen (ggf. auch von Infinitiven) sorgt ja die Reihenfolge der Wörter allein schon für die Reihenfolge der Erzählung, soll heißen, wenn man alle Dinge so hintereinander weg erzählt, wie sie passiert sind, braucht man keine Vorzeitigkeit.
Also:
Pugnavit, speravit, tamen victus est
ist völlig ausreichend.
Bei meiner ersten Version ist - zugegeben - das Zeitverhältnis ein gleichzeitiges. Aber auch das ließe sich begründen: Noch WÄHREND er kämpfte und hoffe, wurde er besiegt.
Aber den Fragesteller scheint es ohnehin nicht mehr zu interessieren ...
Re: zum gedenken an einen verstorbenen
bonifatius am 19.10.08 um 17:13 Uhr (
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IIch hätte auch noch eine Variante zu unterbreiten, wenn auch nicht die gängigste, aber die rhetorisch anspruchsvollste:
contendit,confisus, cladem captus
*Bemerkung zu confisus - von confidere ( Semi - Deponenes) - fest hoffen
tamen könnte man eigentlich auch wegglassen : Der Sinn sollte ja eigentlich klar sein.
Zur Rhetorik :
1. Alliteration
2.Onomatopoie
3.Asyndeton
4.Klimax
5.Trikolon (betrachtet man cladem captus als „EINS“
6.metaphorischer Ausdruck (cladem captus)
Mehr fallen mir auf einen Blick nicht auf !
Re: zum gedenken an einen verstorbenen
Dr. Wolfgang Weimer am 19.10.08 um 17:16 Uhr (
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IDas ist, wie ich meine, mehr als richtig: es ist schön.
Re: zum gedenken an einen verstorbenen
bonifatius am 19.10.08 um 17:21 Uhr (
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IHoffe bloß, Elisabeth erklärt sich damit auch einverstanden.
:)
Re: zum gedenken an einen verstorbenen
Dr. Wolfgang Weimer am 19.10.08 um 17:25 Uhr (
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I@Elisabeth
Was Sie schreiben, leuchtet mir ein, d.h. meine Kritik an der Zeitform war wohl übertrieben akkurat.
Aber die Infinitivform musste weg ... und ist ja inzwischen auch weg.
Dass V1ru5 schon lange nicht mehr dabei ist, das passiert ja hier oft. Aber wir machen das ja uach zu unserem eigenen Spaß.
Re: zum gedenken an einen verstorbenen
bonifatius am 19.10.08 um 17:54 Uhr (
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IAls ich mir „den Weg zu einer sinngemäßen und grammatikalisch richtigen Übersetzung“ noch mal zu Gute geführt habe, musste ich bedauernswerter Weise lesen, Herr
Dr.Wolfgang Weimer, dass sie ihr Lateinstudium „geschmissen“ haben.
Warum das denn? Doch nicht nur, weil sie mit den Stilübungen nicht klar kamen, oder?
Was wollten sie später nach dem Studium machen?
Wie war das nicht „fertig gebrachte Studium“?
Was haben Sie so schwerpunktmäßig behandelt?
Ich interessiere mich sehr für die lateinische Sprachen und würde auch in Erwägung ziehen, es später ebenfalls zu studieren. Bin mir noch unsicher.
Vielleicht könnten sie mir ja ein paar meiner Fragen beantworten und mich so einen ersten Eindruck gewinnen lassen.
Ich wäre Ihnen doch sehr zu Dank verpflichtet.
Re: zum gedenken an einen verstorbenen
Dr. Wolfgang Weimer am 19.10.08 um 18:10 Uhr (
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IGeschichte und Philosophie habe ich studiert (ab 1967 - es mag sich seitdem manches in den Studienbedingungen geändert haben). Abschließen wollte ich mit einer Promotion in Alter Geschichte (Promotion als erster Studienabschluss geht heute definitiv nicht mehr, damals ging es schon.) Dafür waren zwei Nebenfäche obligatorisch, und bei Alter Geschichte musste eines davon Latein sein. Also habe ich, nachdem ich das während meines ersten Semesters in Erfahrung gebracht hatte, ab dem zweiten Semester zusätzlich Latein studiert. Für die Proseminare gab es Aufnahmeprüfungen, die ich auch bestanden hatte (nach neun Jahren Latein auf der Schule hätte ich mich auch sonst sehr schämen müssen!), und Spaß haben sie auch gemacht. Vor allem an ein Catull-Seminar erinnere ich mich noch - der Dozent hat für jede Sitzung eine Kiste Bier und eine Kiste Zigarren zur Verfügung gestellt! (Glaubt mein heute gar nicht mehr ...) Soweit alles im grünen Bereich. Aber es waren wirklich die obligatorischen Stilübungen, also die Übersetzungen vom Deutschen ins Lateinisch, die mir den Hals gebrochen haben. Es fehlte mir etwas dafür, Stilgefühl, ich weiß es nicht.
Mir kam dann zuhilfe, dass sich mein Interessenschwerpunkt bald auf die Philosophie verlagert hat, und für eine Promotion darin brauchte man Latein als Nebenfach nicht.
So, jetzt habe ich’s erzählt, wie’s war. Es muss ja nicht so sein, dass es mit den Stilübungen bei Ihnen ebenso geht; vielleicht sind die heute gar nicht mehr verpflichtend. Ich müsste mal einen Freund fragen, der Lateinlehrer ist und wesentlich jünger als ich, also vor etwa zehn Jahren studiert hat.
Und noch was gehört zu meinem verbliebenen Eindruck: In den Seminaren außer dem Catull war für meinen Geschmack zu wenig von der literarischen Qualität (sprich: der Schönheit) der Texte die Rede. Ich weiß aber nicht, ob das verallgemeinerbar ist, sozusagen typisch für Philologen.
Jedenfalls ist es für mich typisch, dass mir die Schönheit Ihres Übersetzungsvorschlags ins Auge gefallen ist. Und mein Eindruck ist, dass auch Sie ein Gefühl dafür besitzen.
Re: zum gedenken an einen verstorbenen
bonifatius am 19.10.08 um 18:18 Uhr (
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IVielen Dank für die schnelle Antwort.
Ich fühl mich sogar ein wenig geschmeichelt aufgrund Ihres letzten Satzes.
Und wenn sie wirklich Ihren jüngeren Latein studierten Freund fragen würden, wie das heute so mit dem Studiengang und dem gefordertem „Können“ ist, wäre ich Ihnen sogar zu noch mehr Dank verpflichtet.
Nochmals vielen Dank!
:)
Re: zum gedenken an einen verstorbenen
Dr. Wolfgang Weimer am 19.10.08 um 18:25 Uhr (
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IMach ich, dauert aber ein bißchen - wir müssen uns erstmal wieder treffen. Da seine Freundin sogar Latein an der Uni unterrichtet hat, könnte das ein für Sie informatives Gespräche werden. Ich melde mich dann wieder dazu.
In Terenz, Andria steht (V. 77 f.) auch nochwas Nettes, wie ich gerade gelesen habe, nämlich ut ingeniumst omnium hominum ab labore proclive ad lubidinem.
Dem werde ich jetzt folgen. Bis demnächst!
Re: zum gedenken an einen verstorbenen
bonifatius am 19.10.08 um 18:31 Uhr (
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IBis demnächst!
:)
Und nochmals danke für alles und auch Zukünftiges.
Re: zum gedenken an einen verstorbenen
HF am 19.10.08 um 18:53 Uhr (
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ITut mir sehr Leid, dass ich mich jetzt so ins „Gespräch“ einmische, da ich aber Lateinstudentin im 6 Semester bin, dachte ich, ich könnte vielleicht etwas Interessantes beisteuern.
Die Stilübungen sind leider nach wie vor obligatorisch und ein echter Genickbrecher. Wir kämpfen alle damit! Aber mit Fleiß und Übung sind sie durchaus bestehbar! Und die Dozenten sind sich ihrer Schwierigkeit schon bewusst und unterstützen ihre Studenten so gut es geht
Wenn man sich wirklich ernsthaft für ein Lateinstudium interessiert, muss man sich über eine Sache im Klaren sein: Es ist verdammt harte Arbeit und nur ca. die Hälfte der Leute die es anfangen, bringen es auch zu Ende! Vor allem wer Latein fürs Lehramt im Hauptfach studiert muss ackern, dann dafür brauch man auch heute noch das Graecum! Die Studienordnung sieht vor, dass man dieses an der Uni in 2 Semestern nachholt, wer sich da nicht reinhängt, hat schlechte Karten.
Dennoch, ein Lateinstudium macht Spaß, da die Fachschaften häufig sehr klein sind lernt man schnell sehr nette Leute kennen, die Dozenten kennen ihre Studenten, die Atmosphäre ist dementsprechend familiär. Und es ist nstürlich ein überaus interessantes Studienfach! Wer also bereit ist zu arbeiten, kann nur gewinnen!
Ich hoffe ich konnte ein bißchen hilfreich sein und sende Grüße aus Irland, wo ich gerade ein Austauschsemester absolviere!
Re: zum gedenken an einen verstorbenen
Elisabeth am 19.10.08 um 20:27 Uhr (
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Icontendit,confisus, cladem captus
Tut mir leid, aber das geht gar nicht.
Erstens hätte ich Bauchschmerzen dabei, eine aktive und vollständige Form mit einem Partizip nebeneinanderzusetzen, ohne dass das Partizip untergeordnet ist.
Zweitens ist capere ein aktives Verb und captus mithin das PPP „gefangen worden“. (Ganz abgesehen davon, dass der Ausdruck heißt „cladem accipere“; capere hat jede Menge sehr aktiver Bedeutungen, wie z.B. ergreifen erreichen, auswählen, in Angriff nehmen, übernehmen - clades passt da nicht dazu.)
Re: zum gedenken an einen verstorbenen
nostalgicus am 8.3.17 um 9:40 Uhr (
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I... als hier noch Sitte, Stil und Anstand herrschten.
O tempora, o mores!