Marcel Schneider am 24.11.17 um 11:15 Uhr (Zitieren)
Hallo liebe Lateiner,
hier eine Rätselnuss.
In einem alten Buch habe ich ein Bild des Theologen Veit Dietrich, latinisiert Vitus Theodorus, gefunden. Darunter ein elegisches Distichon:
Vite quod in terris animis das vivere vitam,
Aeternum vives vivide Vita Deo.
"Vitus, weil du auf Erden den Seelen das Leben gibst,
wirst du auf ewig Gott leben, lebendiger Vitus"
Link: http://portraits.hab.de/werk/4735/
Nun meine Frage:
im Pentameter müsste es ja Vite heißen, nur wäre das auslautende -e des Vokativs lang, passt also nicht. Der Dichter hat „Vita“ geschrieben, kann nur Nominativ sein, macht aber keinen Sinn, aber auf dem Bild erkennt man, dass es eindeutig „Vita“ heißt.
Hat der Dichter das elegische Distichon nicht hinbekommen?
filix am 24.11.17 um 13:58 Uhr, überarbeitet am 24.11.17 um 14:02 Uhr (Zitieren)
Der humanistische Dichter winkt eher mit dem volksetymologischen Zaunpfahl, er nutzt also eine Ableitung des Namens Vitus, die sich z.B. in der Legenda aurea findet: Vitus a vita dicitur, um sie im Kontext passend als den eigentlichen Namen des ins ewige Leben Eingegangen zu enthüllen. Überdies wurden offensichtlich historisch bisweilen Vitalis, Vita und Vitus nebeneinander als Eigennamen verwendet: „In Ragusa galten Vitalis, Vita und Vitus als gleichbedeutend; ein Gataldi 1253–1286 führt alle drei Namen.“
Auch beim Portraitepigramm im Thread http://www.albertmartin.de/latein/forum/?view=36313#1 wird der im Namen steckende Begriff (Lampadius - lampas,-adis f.) genutzt, um auf den Träger anzuspielen. Die Verse sind zwar nur humanistische Gebrauchsdichtung, dennoch schiene mir die doppelte Verwendung des Vokativs „Vite“, ohne zusätzliche Bedeutung zu erzeugen, sehr kümmerlich.