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zur_lateinischen_grammatik

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Abriss der Grammatik

Für die Sprachen, die zur Westgruppe der indogermanischen Sprachen gehören, ist es üblich, Grammatiken nach dem Muster der lateinischen Grammatik aufzustellen, denn Latein war für lange Zeit Gelehrtensprache, es hat bereits in der Antike Fachleute gegeben, die sich mit seiner Grammatik beschäftigten, und Latein ist eine typische westindogermanische Sprache.

Das bedeutet praktisch, dass die lateinischen Fachbegriffe viel häufiger verwendet werden als z.B. die deutschen, weswegen Grammatik mitunter in Fachvokabelpaukerei ausartet. (Solche Fachwörter, deren Bedeutung man kennen soll, werden im folgenden Text unterstrichen.)

Alle diese Sprachen sind flektierende Sprachen. das heißt, sie verändern Wortformen: „Häuser“ zu „Haus“, „ging“ zu „gehen“… („flektierend“ heißt „beugend“. Der Gegensatz sind agglutinierende („zusammenballende“) wie Chinesisch oder Indianersprachen, die nur durch Stellung und Nebeneinandersetzen neue Inhalte bilden.)

Für diese Grammatiken gilt dann:

 1.
    1. Einteilung

Grammatik im allgemeinen Sinn (Sprachlehre) wird eingeteilt in einige Gebiete, die aber an Schulen selten als eigenständiger Bereich erwähnt werden:

Phonologie (Lautlehre): Welche Laute kommen in der Sprache vor? Welche sind bedeutungstragend? Wie unterscheidet sich im Klang „Lerche“ von „Lärche“? Wieso ist „Sau“ etwas anderes als „Schau“, aber hamburgisch „s-pitz“ das Gleiche wie in sonst üblicher Aussprache „schpitz“?

Vokabeln:

Vokal Selbstlaut (a,e,i,o,u; y; ä,ö,ü)

Konsonant Mitlaut (b,d,f,g …)

Diphthong Zwielaut (au, ei, eu…) Die Laute sind übrigens zu scheiden von den Buchstaben, mit denen sie dargestellt werden! Ob man „ks“ schreibt wie in „Hexe“, „Häcksel“, „Achse“, „Kekse“ (die müssen spinnen, die Deutschen! So viele Schreibungen für den gleichen Laut) … ist Sache der

Orthographie (Rechtschreibung): Wieso werden lange Selbstlaute im Deutschen meist durch Verdoppelung (Aal, Beet, Moor) oder mit h (Ahle, Lehre, Mohr) markiert, aber i wird im Wortinneren mit e gedehnt (Kies), am Wortanfang gar nicht (Igel) - es sei denn, wir haben ein Fürwort (ihm, ihnen, ihr) oder die Ihle ? Und wie kommt es dann zu der seltsamen Schreibung „Vieh“?

Metrik (Vokal-)Längenlehre, Prosodie (Silbenmessung): Der Teil der Grammatik, der von den Längen und Kürzen, Betonungen und dann von den Rhythmen und Versen handelt.

Behandelt als klassische Sparten der Grammatik werden dagegen meist

Grammatik im engeren Wortsinn (Formenlehre): Beugungs- und Steigerungsformen…,

Syntax (Satzlehre): die Lehre von den Satzteilen und Satzarten im Satzbau.

Es gibt im übrigen einen fließenden Übergang zu den Gebieten, die sich mehr mit dem Inhalt des Gesagten beschäftigen, wie der Idiomatik („Ausdruckskunde“ ist keine gelungene Übersetzung) zur Frage „mit welchen Sprachmitteln wird etwas ausgedrückt“), die wieder Stilkunde und anderes umfasst.

 1.
    2. Grammatik (im engeren Sinne: Wortkunde)

Wörter werden eingeteilt nach Wortarten und diese nach drei Wortartengruppen.

Die erste Gruppe umfasst die Wortarten, die man deklinieren (nach Fällen beugen kann), die Nomina (Namenwörter; Einzahl: Nomen). Das sind

Substantiv Hauptwort („Haus“, „Erich“, „Eltern“, „Liebe“)

Adjektiv Eigenschaftswort („blau“, „gut“, „höher“)

Artikel Geschlechtswort („der“, „die“, „das“, „ein“; diese Wortart wird im Lateinischen nicht gefunden!) Pronomen Fürwort („ich“, „dein“, „wer?“, „derjenige“, „diese“)

und eine Wortart, die man nach der Bedeutung der Wörter gebildet und traditionell hier eingefügt hat, obwohl die Wörter selbst gar nicht immer deklinierbar sind, nämlich das

Numerale Zahlwort; Mehrzahl Numeralia („eins“, „Drittel“, „fünfmal“, „zweiter“, „einige“)

Die zweite Gruppe umfasst nur eine Wortart, die man konjugieren (nach Personen beugen) kann, das

Verb Tätigkeitswort („laufen“, „bin“, „hatte“, „gelesen“)

Die dritte Gruppe umfasst die Wortarten, die nicht gebeugt werden können, die Partikel („kleinen Wörter“). Das sind

Adverb Umstandswort, Mehrzahl Adverbien („oft“, „heute“, „hier“)

Konjunktion Bindewort („und“, „oder“, aber auch „dass“, „wenn“, „weil“, „sooft“)

Präposition Verhältniswort („an“, # # ab hier Textbaustelle # #auf, wegen, zum) Interjektion Ausrufwort (pfui!, au!, Himmelkruzifixsackerment!)

2.1. Nomina Die Nomina bilden Formen der Flexion (Beugung) nach der Dreiteilung 2.1.1. Casus Fall, das kann sein Nominativ 1. Fall, Werfall (der Bauer, die Eltern) Genitiv 2. Fall, Wesfall (des Bauern, der Eltern) Dativ 3. Fall, Wemfall (dem Bauern, den Eltern) Akkusativ 4. Fall, Wenfall (den Bauern, die Eltern) Das Deutsche hat nur diese vier Fälle und steht damit etwa in der Mitte. Ursprüngliche indogermanische Sprachen haben nämlich acht, aber die Zahl nimmt in der Sprachentwicklung immer mehr ab: Im Lateinischen werden noch sechs Fälle unterschieden, Altgriechisch hat fünf und Neugriechisch drei, Englisch hat noch zwei (teacher, teacher’s) und das offenbar auch nicht mehr lange, denn of the teacher ist auf dem Vormarsch. Auch Deutsch wird bald nur noch drei Fälle haben, denn die Tage des deutschen Genitivs scheinen ebenfalls gezählt (von meinem Vater statt meines Vaters und wer voll des süßen Weines einer Sorge eingedenk ist, ist nicht sehr up to date). Die übrigen indogermanischen Fälle waren der Ablativ auf die Frage woher? wovon getrennt? Im Deutschen steht hierfür meist Dativ. Vokativ der Anredefall („O Claudia!“), der im Deutschen durch den Nominativ vertreten wird Instrumentalis auf die Frage womit? wodurch? , der im Deutschen mit Präpositionen umschrieben wird, Lokativ auf die Frage wo? (und wann?) , der höchstens in Spuren wie daheim, zuhaus, Tags darauf von Heim, Haus, Tag noch erkennbar ist. Ein echter, aber vom Duden nicht sanktionierter Berliner Lokativ ist dagegen die Handy-Aussage „Ick bin Kutschi“ für „Ich bin am Kurt-Schumacher-Platz“.

2.1.2. Numerus Anzahl (Mehrzahl Numeri), das kann sein Singular Einzahl (der Baum) Plural Mehrzahl (die Bäume)

Manche Sprachen kennen noch den Dual Zweizahl, um die Besonderheit eines zusammengehörigen Paares zu beschreiben. Ein ferner Abklatsch davon ist etwa Hand, beide Hände, zwei Hände für Singular, Dual, Plural. Insofern ist beide als Dual von zwei der einzige deutsche Dual. Manche Nomina sind singulare tantum Einzahlwort; Mehrzahl: singularia tantum (Sie kommen nur in der Einzahl vor wie Einigkeit und die meisten anderen Wörter auf -heit und -keit, Namen wie Mars, und - falls nicht in Fachsprachen oder poetisch eine Mehrzahl gebildet wird - Gattungsbegriffe wie Sand, Schnee, Luft) plurale tantum Mehrzahlwort; Mehrzahl: pluralia tantum (Sie kommen nur in der Mehrzahl vor wie Eltern, Sperenzchen, Fisimatenten)

2.1.3. Genus Geschlecht (Mehrzahl Genera), das kann sein masculinum männlich (er, der Mann) femininum weiblich (sie, die Frau) neutrum sächlich (es, das Buch)

Das Geschlecht richtet sich dabei entweder nach der Wortform (dem Wortende), z.B. sind alle deutschen Substantive auf -chen neutrum (Hündchen, Mädchen, Schräubchen) , das ist das genus grammaticale das grammatische Geschlecht, oder das Geschlecht richtet sich nach der Wortbedeutung, z.B. sind alle deutschen PKW männlich (der Mercedes, der Opel, der Cleo), dafür alle Zweiräder weiblich (die Harley-Davidson, die Horex, die Kreidler). Das ist das genus naturale das natürliche Geschlecht.

Übrigens ist der deutsche Plural geschlechtslos! Es gibt immer nur eine Form für alle Geschlechter: Die schönen Männer/Frauen/Mädchen…

2.1.4. Die Adjektive (und später die Adverbien und die Verbform der Partizipien) kennen eine weitere Art der Flexion (Beugung), nämlich die Komparation (Steigerung) nach Positiv Grundform (gut, geeignet) Komparativ Vergleichsform (besser, geeigneter) Superlativ Höchstform (best, geeignetest) Verwendet man Komparativ und Superlativ nicht in Vergleichen, sondern zum Ausdruck von „ziemlich viel, sehr viel“, dann heißt diese Verwendung Elativ eine ältere Dame spendete höchstes Lob.

3. Unterteilungen der Wortarten Bei einigen Wortarten, die zu den Nomina gezählt werden, werden Unter-Wortarten unterschieden. So kennt man bei den - Substantiven das nomen proprium (Eigenname: Hans, Deutsche, Anden) neben dem Sachwort,

- Artikeln den bestimmten (das) und den unbestimmten (ein)

- Pronomina eine ganze Reihe von Typen: Pronomen personale persönliches Fürwort (ich, du, sie)

reflexivum rückbezügliches (sich) possessivum besitzanzeigendes (mein, dein, ihr) Auch das kann in der 3. Person reflexiv (sein Haus) und nichtreflexiv (dessen Haus) sein. demonstrativum hinweisendes (dieser, jener) relativum bezügliches (derjenige, welcher) Das gibt es auch als rel. indefinitum unbestimmt bezügliches (jeder, der ; alles, was) interrogativum fragendes (wer? was? welches?) indefinitum unbestimmtes (jemand, jeder, niemand, keiner, nichts) correlativum wechselbezügliches (so, wie; so einer, wie), auch wieder indefinit: irgendsoeiner, wie

Es gibt außerdem einige Adjektive und einige Adverbien, die den Pronomina so nahestehen, dass sie Pronominaladjektiv einer, allein, ein ganzer, ein anderer oder Pronominaladverb genannt werden. Die Pronominaladverbien werden dabei genauso eingeteilt wie die Pronomina selber, also Interrogativa (wo? wann?), Demonstrativa (hier, dorthin, daher, ebendort), Indefinita (irgendwo, anderswohin) usw.

- Bei den Numeralia schließlich unterscheidet man Cardinale Grundzahl (eins, zwei, drei…) Ordinale Ordnungszahl (der erste, zweite, dritte…) Distributivum Einteilungszahl (je ein, je zwei…; einfach, zweifach, dreifach…) Adverbiale Zahladverb (einmal, zweimal, dreimal…)

4. Verben Verben sind sehr viel formenreicher als Nomina. Zunächst einmal kennt man die Verbformen, die zu einer bestimmten Person („ich, du, er“) gehören, das sind die Formen des 4.1. verbum finitum „(auf die Person) begrenztes Verb“ Hier wird in Fünfteilung unterschieden 4.1.1. Person 1.Person ich laufe, wir laufen 2.Person du läufst, ihr lauft, lauf! 3.Person er läuft, sie laufen

4.1.2. Numerus Anzahl Das ist Singular (ich laufe) oder Plural (wir laufen) wie bei den Nomina. Den Dual („wir beide lieben einander“) als besondere Form überlassen wir dem Altgriechischen.

4.1.3. Tempus Zeit; Mehrzahl Tempora Hier werden drei Hauptzeiten und drei Nebenzeiten unterschieden. Die Hauptzeiten sind Präsens Gegenwart (ich liebe, du gehst) Imperfekt (Präteritum) Vergangenheit (ich liebte, du gingst) Futur (Futur I) Zukunft (ich werde lieben, du wirst gehen) Im Deutschen werden offensichtlich manche Formen (wie das Futur) nicht durch echte Beugung, sondern durch Umschreibung mit Hilfs-Verben (sein, werden, haben) gebildet. Das ist generell in indogermanischen Sprachen so, wenngleich der Umfang dieses Hilfseinsatzes unterschiedlich ist. Die drei Nebenzeiten sind Perfekt vollendete Gegenwart (ich habe geliebt, du bist gegangen) Plusquamperfekt vollendete Vergangenheit (ich hatte geliebt, du warst gegangen) Futurum exactum (Futur II) vollendete Zukunft (ich werde geliebt haben, du wirst gegangen sein) Tatsächlich ist der Gebrauch der Tempora in verschiedenen Sprachen unterschiedlich, weil oft mehr ausgedrückt wird als nur die absolute oder relative Zeit. „Er ist fortgegangen“ meint nicht das Gleiche wie „er ging fort“ - im ersten Fall klingt mit, dass er jetzt noch weg ist! Zeitlose Wahrheiten stehen im Deutschen z.B. im Präsens (Helgoland ist eine Insel) - weswegen Du bist blöd als grundsätzliche Behauptung beleidigender ist als Du warst (bei der gewissen Gelegenheit) blöd -. Vergangenes wird im Deutschen im Imperfekt erzählt (Es war einmal…), im Lateinischen aber im Perfekt usw. Es gibt daher mitunter auch noch Verbformen, die mit Hilfsverben besondere Bedeutungen neben der Zeit beschreiben, wie im Englischen die Verlaufsform des Präsens I am doing neben I do oder im Lateinischen Umschreibungen mit der Bedeutung „ich will, beginne gerade zu tun“ oder „es muss getan werden“ neben „ich tue, es wird getan“. Solche Formen heißen periphrastisch (umschreibend).

4.1.4. Modus Aussageweise; Mehrzahl Modi Hier wird unterschieden zwischen Indikativ Wirklichkeitsfom (er tut, er hat getan) Konjunktiv Möglichkeitsform (er täte, er hätte getan) Imperativ Befehlsform (tu!, er soll tun!) Imperative gibt es nur im Präsens und Futur I, Konjunktive nicht im Futur I und II. Der Konjunktiv, der die Möglichkeit, die Nicht-Wirklichkeit oder den Wunsch ausdrückt, verwendet seine Zeiten viel stärker hierfür als für die Beschreibung der exakten Zeit. Hätte er das getan ist nichtwirklich (er hat eben nicht), würde er das tun ist möglich, täte er das doch ist gewünscht.

4.1.5. Genus verbi Aktionsart Hier wird unterschieden zwischen Aktiv Tatform (er wäscht) Passiv Leideform (er wird gewaschen) In manchen Fällen gibt es auch noch ein Medium „Mittelform“ (er wäscht sich), wenn Aktiv und Passiv zusammenfallen. Es gibt auch Fälle, in denen die grammatische Form und die Bedeutung im Genus nicht übereinstimmen. Die deutsche Form ich heiße Klaus ist beispielsweise der Form nach Aktiv, aber der Bedeutung nach Passiv (Sie bedeutet ja „ich werde (von anderen) genannt“ im Unterschied zum aktiven „ich heiße dich Adam“) Verben mit dieser Besonderheit heißen Deponens (Mehrzahl Deponentia; im engeren Sinne sind dies allerdings nur die mit aktiver Bedeutung in passiver Form wie ich werde verrückt in der aktiven Bedeutung „ich schnappe über“ im Gegensatz zur passiven Bedeutung „Der Schrank wird verrückt“.)

4.2. verbum infinitum „unbegrenztes Verb“ Das sind also die Formen ohne bestimmte Person. Da haben wir Infinitiv Nennform (lieben, geliebt haben, lieben werden, geliebt werden, geliebt worden sein…) in Aktiv und Passiv und in den Zeiten Präsens, Perfekt und Futur Partizip Mittelwort. Das sind vom Verb abgeleitete Adjektive (liebend, geliebt) in Präsens aktiv und Perfekt Passiv und allen Formen wie ein Adjektiv. Gerundium Das ist der als Substantiv verwendete Infinitiv. Im Deutschen erkennt man ihn an der Großschreibung: Von zu lieben wird das Gerundium das Lieben, des Liebens… gebildet, also alle Formen eines Singular neutrum. Gerundivum ist entsprechend die als Adjektiv verwendete Form. Sie tritt im Deutschen nur in Umschreibungen noch auf: Ein liebenswürdiger Freund (von lieben: ein „zu liebender“), ein achtbarer Mensch (von achten: ein „zu achtender“) vermittelt etwas hiervon. Supinum Auch ein weiteres vom Infinitiv abgeleitetes Substantiv das „zu lieben“ ist selbst dort, wo es noch vorkommt (im Lateinischen z.B.) sehr selten und auf manche Redewendungen beschränkt. Im Deutschen wird meist der Infinitiv selbst verwendet: Um zu bestehen, muss man… (= Für das Bestehen muss man…) Es ist fürchterlich zu hören, dass der Unfall… (im Gegensatz zum „echten“ Infinitiv Die Band ist fürchterlich (schlecht) zu hören.)

5. Syntax Die Satzlehre als zweites Teilgebiet der Sprachlehre behandelt Satzteile und Satzkonstruktionen. Entsprechend ist bei der Frage nach einem Wort im Satz sorgfältig zu unterscheiden zwischen seiner Grammatik und seiner Syntaxfunktion, sonst landet man sehr schnell in Teufels Küche . In Der Bauer pflügt ist „der Bauer“ also von der Grammatik her Nominativ Singular masculinum, von der Syntax her Satzgegenstand, so wie „pflügt“ einerseits 3. Person Singular Indikativ Präsens Aktiv und andererseits Satzaussage ist. Natürlich gibt es Verbindungen, beispielsweise steht ein Satzgegenstand regelmäßig im Nominativ.

5.1. Einfacher Satz Ein einfacher (nicht erweiterter Satz) kommt in den drei Spielarten expressio Aussagesatz Der Bauer pflügt. rogatio Fragesatz Pflügt der Bauer? imperativa Befehlssatz Pflüge! vor. Nachdem die Byzantiner die Satzzeichen erfunden haben, erkennt man die Spielart leicht am Satzende. Bei den Fragesätzen wird übrigens zwischen Wortfragen (mit Fragewort: Wer hat wem was wie weggenommen?) und Satzfragen (der ganze Satz wird ohne Fragewort in Frage gestellt: Hast du…?) unterschieden. Auch der einfache Satz enthält grundsätzlich die beiden grundlegenden Satzteile, das Subjekt Satzgegenstand (auf die Frage „wer oder was …?“) und das Prädikat Satzaussage (auf die Frage „was wird getan?“). Alle übrigen Satzteile werden dann als Erweiterung eines dieser beiden Satzteile eingeführt werden. Das Prädikat kommt in zwei Spielarten vor, der Art mit einem Vollverb in finiter Form (Er tut, tat, täte…) und der Art mit Nomen und Hilfsverb (Er ist krank, war Bauer, wäre gesund). Im zweiten Fall unterscheidet man Prädikatsnomen eben dieses Nomen Kopula die „Kopplung“, also die Hilfsverbform. Es ist Ansichtssache, wie man angesichts der Behauptung, Sätze hätten immer Subjekt und Prädikat, Sätze behandelt, in denen Satzgegenstand oder Satzaussage offenbar fehlen. Befehlssätze scheinen z.B. kein Subjekt zu haben. Hier wird behauptet, das „du“ stecke im Imperativ. In anderen Fällen fehlt die Kopula (also bei Sätzen vom Typ „Ende gut, alles gut.“) Hier wird Ellipse (Auslassung) angenommen, das heißt, die geplagten Grammatiker behandeln den Satz, als wäre er vollständig. Aber Prachtstücke deutscher Prosa wie Abfahrt Hamburg 7h30, Ankunft Altona 7h45 sind kein Satz!

5.2 Erweiterungen eines Nomens Jedes Nomen (also zunächst das Nomen des Subjekts oder das Prädikatsnomen) kann erweitert werden, zum Beispiel durch Adjektive, Partizipformen oder andere Nomina: Der Bauer > Der fleißige Bauer, der arbeitende Bauer, der dritte Bauer, der Bauer Meyer, der Bauer dieses Gutsherren… Er ist Schmied > Er ist ein guter Schmied, seines Glückes Schmied, der Schmied des Dorfes, der einzige Schmied im Umkreis… So etwas heißt Attribut Beifügung. Das Attribut gehört mit zu dem Satzteil, zu dem das Nomen gehört, welches näher bestimmt wird. Attribute von Attributen sind durchaus üblich: Der Knopf der Uniform des großen Kurfürsten… (Uniform zu Knopf, Kurfürst zu Uniform, groß zu Kurfürst; alles zusammen ist ein zusammengesetztes Attribut zu Knopf) Wenn ein Attribut aus einem Substantiv im gleichen Casus, Numerus und (möglichst) Genus wie das Bezugswort besteht, dann heißt dies als Unterform des Attributs eine Apposition „an-die-Seite-Stellung“ (Der Bauer Hans; der Bauer, mein Freund; das Ehepaar Schulze, meine Gäste; das Haus des Meisters Eder …)

5.3 Erweiterungen einer Verbform Es gibt drei typische Erweiterungen von Verbformen (also beispielsweise Prädikaten). Sie werden zu dem Satzteil gerechnet, zu dem auch die Verbform gehört. 5.3.1 Erstens kann die Verbform von einem Nomen begleitet werden, das bezeichnet, worauf sich die Tätigkeit bezieht: Ich wasche das Kind, sage es dem Vater, gedenke des Verstorbenen… Diese Erweiterung heißt Objekt Objekte stehen immer in einem für die Situation typischen Casus, der allerdings niemals ein Nominativ (oder Vokativ) ist. Deswegen werden diese objektbildenden Fälle als Casus obliquus abhängiger Fall; Mehrzahl Casus obliqui dem Casus rectus „aufrechter“ Fall Nominativ/Vokativ gegenübergestellt. Welche Objekte im Einzelnen Genitivobjekt, Dativobjekt, Akkusativobjekt sein sollen, hängt im Regelfall vom Verb ab. Grundsätzlich wird das Akkusativobjekt das unmittelbare Ziel der Handlung bezeichnen und daher direktes (unmittelbares) Objekt genannt. Das Dativobjekt beschreibt, wem die Handlung nützt, schadet, zukommt… und wird daher indirektes (mittelbares) Objekt genannt. (Ebenso das seltene Genitivobjekt, das beschreibt, wessen man begierig, kundig, eingedenk, teilhaftig, mächtig, voll… ist) Verben, die direkte Objekte führen können (und nur die!) pflegen ein vollständiges Passiv auszubilden. Sie heißen transitives Verb (Gegensatz: intransitives Verb) Ich male das Bild > Das Bild wird von mir gemalt Sie gefällt dem Jüngling > nix mit Passiv Es gibt viele Fälle, in denen mehrere Objekte auftreten: Ich nenne ihn Hans, gebe ihm das Brot, es gereicht ihm zum Vorbild…

5.3.2 Zweitens kann zu der Verbform eine adverbielle Bestimmung treten. Diese Bestimmung gibt Antwort auf die Frage der Umstände der Handlung. „Adverbiell“ heißt „zum Verb“ und so trifft es sich günstig (ist aber eher zufällig), dass viele adverbielle Bestimmungen aus Adverbien bestehen (oft, hier, günstig). Die adverbiellen Bestimmungen können aber auch aus einer Präposition und einem Nomen bestehen (auf dem Dach, während des Regens, ins Haus). Die adverbiellen Bestimmungen werden nach der Art der Bestimmung in unübersichtlich viele Arten eingeteilt (die später im Zusammenhang mit Nebensätzen wichtig werden): Adverbielle Bestimmung… lokal des Ortes (hier, dorthin, von drüben, ins Gras…); temporal der Zeit (heute, seit gestern, im Mai…, davor, danach) mit den Untertypen

iterativ der Wiederholung (jedes Mal, immer wieder), inversiv des jähen Wechsels (plötzlich, unerwartet), koinzident des Zusammenfallens (gleichzeitig, während des …, zusammen mit…);

kausal des Grundes (darum, wegen des Regens); final des Zieles (Zweckes) (dafür, zur Vermeidung von…); konsekutiv der Folge (damit, dadurch) konzessiv der Einräumung (abgesehen von…, trotz der…, obgleich) komparativ des Vergleichs (so - wie)

5.3.3. Die dritte Art der Verberweiterung nimmt eine Mittelstellung zwischen Attribut und adverbieller Bestimmung ein. Das Prädikativum erweitert das Prädikat mit einer Apposition zu einem anderen Nomen (meist dem Subjektsnomen): Der Hirsch wurde lebendig gefangen. Das ist kein Attribut (müßte heißen: Der lebendige Hirsch wurde gefangen) und keine adverbielle Bestimmung (der Hirsch war lebendig, nicht das Fangen!)

5.4. Das ist es eigentlich mit den Satzteilen im einfachen oder erweiterten Satz. Es gibt noch ein paar Einwürfe und Einschübe, die offiziell nicht als Bestandteil des Satzes und daher nicht als Satzteil zählen wie Vokative oder Interjektionen. (Im Deutschen werden sie daher mit Komma, Klammern, Gedankenstrichen vom Satz getrennt:) Holger, komm her! Pfui, schäm dich! Alle Satzteile und Teile von Satzteilen können in Reihungen und Aufzählungen auftreten; soweit hier Konjunktionen verwendet werden, gehören sie zum Satzteil. z.B. gereihtes Prädikat: Er kam, sah und siegte. Auch die einfachen oder erweiterten Sätze (zusammengefasst: „die Hauptsätze“) können gereiht werden. Die Konjunktionen werden meist nicht zu einem der Sätze gezählt. Ich gehe ins Kino und du gehst zu Klaus.

5.5 Bleibt der zusammengesetzte Satz, die Periode. Sie ist aus Haupt- und Nebensätzen zusammengesetzt. Grundregel ist hierbei: Jeder Satzteil eines Satzes kann durch einen Nebensatz ersetzt (oder ergänzt) werden. Nebensätze sollten also nichts Neues bringen. Gemein ist nur, dass Nebensätze auch Sätze sind, deren Satzteile durch Nebensätze (zweiten Grades) ersetzt werden können usw. Die Nebensätze werden entweder nach der Art des ersetzten Satzteiles oder, im Falle der adverbiellen Bestimmung, nach deren Art benannt. So entstehen z.B. Subjektssätze Wer das liest, ist doof. Attributssätze (Relativsätze) Der Bauer, dessen Hof versteigert wurde, … Objektsätze Sage mir, wo du warst, wem du begegnet bist und ob du Hunger hast. (indirekte Fragen) Dies bewirkt, dass die Tür zugeht. Prädikatserweiterungen (für ein Prädikatsnomen) Die Sache ist, dass wir kein Geld haben. Konjunktionalsätze Das sind die eine adverbielle Bestimmung ersetzenden Nebensätze. Sie heißen so, weil sie mit typischen Konjunktionen beginnen: lokal des Ortes (wo das passierte,…); temporal der Zeit (als das passierte, nachdem das passierte, bevor das passierte,…) mit den Untertypen

iterativ der Wiederholung (jedes Mal, wenn das passierte; sooft das passierte,…), inversiv des jähen Wechsels (als plötzlich das passierte; kaum, als es passierte,…), koinzident des Zusammenfallens (indem das passierte, während das passierte,…);

kausal des Grundes (weil das passierte,…); final des Zieles (Zweckes) (damit das passiert,…); konsekutiv der Folge (so dass das passiert,…) konzessiv der Einräumung (obwohl das passierte,…) komparativ des Vergleichs (je eher das passiert, desto…) Die Beispiele erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit! Bemerkenswert ist oft die consecutio temporum die Zeitenfolge. Gemeint ist die Wechselwirkung des Tempus in Haupt- und Nebensatz in Abhängigkeit von der relativen Zeit: Er betrat das Haus, nachdem er sich die Schuhe abgetreten hatte.

als er die offene Tür erblickte. bevor er seinen Mantel abgelegt hat.

Aber da wird im Deutschen sehr stark geschludert (insbesondere, wenn es gilt, Futura zu vermeiden).

5.6 Und schließlich können Sätze Konstruktionen enthalten. Darunter versteht man die Verwendung bestimmter Casus oder Verbformen in einer für die jeweilige Sprache typischen (also oft schwer übersetzbaren) Weise. Die Konstruktion ersetzt einen Satzteil wie ein Nebensatz. Eine typische deutsche Konstruktion ist z.B. die Infinitiv-Konstruktion mit um - zu stellvertretend für einen Finalsatz: Um früh heimzukommen, wählten sie eine Abkürzung. Die Rechtschreibreform erlaubt übrigens das Fortlassen des Kommas, denn formal liegt ja kein eigener (abzutrennender) Nebensatz vor! Eine andere Konstruktion (um noch eine aus dem Bereich der Nomina zu bringen) ist die des Dativs aus finalen Gründen (zur Betonung des Wunsches): Dass du mir ja früh nach Hause kommst! Dieser nur mit Mühe mit üblicher Syntax erklärbare Dativ heißt übrigens Dativus ethicus.

Konstruktionen muss man also einzeln kennen lernen; sie gehorchen keiner sprachübergreifenden Regel.

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