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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Rufus von Ephesus (508 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 25.10.2019 um 17:02 Uhr (Zitieren)
Rufus Ephesianus (ca. 100 u.Z.) ragt in der medizinischen Literatur der Antike dadurch hervor, daß (nur) von ihm eine Anleitung zur ärztlichen Anamnese überliefert ist: "Interrogationes".

Eine Edition dieses Werkes von Hans Gärtner aus dem Jahre 1962 ist nicht mehr greifbar. Jedoch findet sich in dem Band "Der Arzt im Altertum", hrsg. v. Walter Müri. Düsseldorf/Zürich 6. Aufl. 2001, S. 64-75, eine griechisch-deutsche Auswahl.
Man muß dem Kranken Fragen stellen; daraus ergibt sich eine genauere Kenntnis einiger mit der Krankheit zusammenhängender Umstände und eine wirksamere Behandlung. Ich setze voraus, daß man mit der Befragung des Kranken selbst beginnt. Denn dabei erkennt man, wie weit sein Geist angegriffen oder gesund ist, wie groß seine Kraft oder Schwäche; man erhält eine gewisse Vorstellung von der Krankheit und dem Sitz des Leidens.

a.a.O, S. 65)

Rufus hat auch eine in der Antike hochgeschätzte Abhandlung über die Melancholie (heute: Depression) verfaßt, die jedoch verloren ist.
Re: Rufus von Ephesus
Γραικίσκος schrieb am 25.10.2019 um 17:35 Uhr (Zitieren)
Ich geben einmal einen längeren Passus wieder:
Man muß dem Kranken Fragen stellen; daraus ergibt sich eine genauere Kenntnis einiger mit der Krankheit zusammenhängender Umstände und eine wirksamere Behandlung. Ich setze voraus, daß man mit der Befragung des Kranken selbst beginnt. Denn dabei erkennt man, wie weit sein Geist angegriffen oder gesund ist, wie groß seine Kraft oder Schwäche; man erhält eine gewisse Vorstellung von der Krankheit und dem Sitz des Leidens. Wenn er nämlich ohne zu zögern antwortet, aus treuem Gedächtnis, und zwar das, was wahrscheinlich ist, und wenn ihm nie Fehler zustoßen, weder im Sprechen noch im Denken, und wenn er seinem Naturell gemäß antwortet: nämlich ruhig und höflich, wenn er auch sonst ausgeglichen ist, zuversichtlich oder ängstlich hingegen, wenn er von Natur aus zuversichtlich oder furchtsam ist, so darf man annehmen, bei diesem Patienten sei der Geist gesund. Wenn aber die Antworten nicht zu den Fragen passen und wenn er sich mitten im Reden vergißt, wenn die Zunge zittert und die Worte undeutlich sind, wenn er aus dem normalen in den entgegengesetzten Zustand umschlägt, so sind das alles Zeichen von Verwirrtheit.
[...]
Auch kann man auf diesem Wege allfällige Taubheit des Kranken feststellen. Falls er nichts hört, muß man auch seine Umgebung noch befragen, ob er schon früher ein wenig taub war oder infolge der jetzigen Krankheit es geworden ist. Das ist für die Diagnose (διάγνωσις) sehr wichtig. Kraft und Schwäche des Kranken kann man erkennen: im einen Falle, wenn er mit vernehmlicher Stimme und zusammenhängend erzählt, was vorgefallen, im andern Falle, wenn er immer wieder pausiert und mit schwacher Stimme spricht. Ferner erfährt man die Art der Erkrankung, auch einiges von dem, was in Brust und Lunge vorzukommen pflegt. Denn Übermut und unangebrachte Traurigkeit deuten auf melancholische Krankheiten (μελαγχολικά). Zuversicht und Betrübnis enthüllen sich am ehesten durch die Zeichen, um die Art des Leidens und seine Ursache zu enthüllen; daraus könne man alles im voraus erkennen und erfolgreicher behandeln; ja nicht einmal die letzten Voraussetzungen der Krankheiten müsse man erfragen, wie etwa: Lebensführung und die normalen Beschäftigungen, und ob einer aus Erschöpfung oder Erkältung krank geworden sei. Denn daraus habe der Arzt nichts Weiteres zu erfahren, wenn er sich nur in der Beobachtung der Symptome, die bei Krankheiten auftreten, sorgfältig übe.
[...]
Ich aber bin überzeugt, daß er zwar viel von sich aus in den Krankheiten herausfinden kann, aber gewiß besser und eindeutiger durch Fragen. Wenn ihr Ergebnis nämlich mit den Symptomen übereinstimmt, ist es leichter, den gegenwärtigen Zustand zu beurteilen. [...]

(a.a.O., S. 65-69)
 
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