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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Omega (614 Aufrufe)
Scipio Africanus schrieb am 03.10.2019 um 22:25 Uhr (Zitieren)
Ich interessiere mich seit kurzem für lateinische und griechische Epigraphik sowie für antike Manuskripte (könnte man wohl als Teil antiker Epigrafik sehen).
In der Antike wurden ausschließlich Majuskeln benutzt. Majuskel des Buchstaben(s) Omega: Ω. Was sehe ich in allen Manuskripten und In-/Aufschriften in der Zeit der ersten Jahrhunderte vor und nach Christus? ω!
Wie kommt das? Ich kann dazu auch nichts im Internet finden. Anscheinend interessiert es keinem. Ich finde es einfach nur komisch.
Falls niemand eine Antwort parat hat, ist das nicht schlimm. Eure Meinung wäre trotzdem interessant zu lesen. Wann kam der Großbuchstabe Ω dazu? Ich meine mich erinnern zu können, dass dieses auf vielen Abbildungen des byzantischen/oströmischen Labarum (in hoc signo vinces etc.) abgebildet wurde. Da müsste ich nochmal antike byzantische Münzen googlen. Also müsste die Minuskel ω älter sein.
Zuerst bin ich aber an euren Meinungen interessiert.

Gruß
Re: Omega
Γραικίσκος schrieb am 03.10.2019 um 23:01 Uhr (Zitieren)
Eine eindeutige Antwort auf Deine Frage habe ich noch nicht gefunden, aber das
In der Antike wurden ausschließlich Majuskeln benutzt.

ist anscheinend nicht richtig.
Im Kühner-Blass (§ 2, 8) heißt es:
Die alten Griechen bedienten sich ursprünglich der sogenannten Kapital- oder Unzial-(Majuskel-)Schrift, d.i. unserer grossen Buchstaben, welche Schrift sich auf den Inschriften und Münzen und bis zum achten Jahrhundert n. Chr. in den Handschriften findet. Neben dieser kam frühzeitig [!] für den Privatgebrauch eine Kursivschrift auf, die sich zu freieren Formen entwickelte; aus dieser ist die Minuskelschrift hervorgegangen, die seit dem 9. Jahrh. n. Chr. auch in den Handschriften der Schriftsteller herrschend wird.

Dem entnehme ich zweierlei:
- Schon frühzeitig (was immer das heißen mag) kam eine freiere Schriftform auf, aus der später die Minuskelschrift hervorgegangen ist.
- Am konservativsten war anscheinend der Schriftgebrauch in den Handschriften (d.h. Papyri) der Schriftsteller, wo die Minuskelschrift erst ab dem 9. Jahrhundert vorherrschend wird.

Wie gesagt, Deine eigentliche Frage ist damit noch nicht beantwortet.
Ich schaue nochmal weiter.
Re: Omega
Γραικίσκος schrieb am 03.10.2019 um 23:11 Uhr (Zitieren)
Der Neue Pauly erwähnt s.v. Schrift, daß es verschiedene Buchstabenformen gab, daß die uns bekannte Schriftform die ostionische ist, die ab dem 5. Jhdt. v. Chr. in der Literatur immer mehr vorherrschend wurde, während aber vor allem auf Vasen noch Mischformen auftreten. Im 4. Jhdt. setzte sie sich "in der griech. Welt" durch.

Da Du angibst, Du habest in allen Inschriften und Papyri das ω gefunden, habe ich immer noch nicht den Eindruck, daß Deine Frage damit geklärt ist.
Re: Omega
Γραικίσκος schrieb am 03.10.2019 um 23:31 Uhr (Zitieren)
Re: Omega
Γραικίσκος schrieb am 04.10.2019 um 00:00 Uhr (Zitieren)
Bei Rhys Carpenter ("Das Alter des griechischen Alphabets") finde ich noch den folgenden Hinweis: "Ein O wird häufig durch einen Punkt als lang gekennzeichnet." [ein O mit einem Punkt mittendrin]
Eine Einheitlichkeit der Schreibweise hat es also anscheinend zunächst nicht gegeben, bis sich die ionische Schriftform allmählich durchsetzte.
Re: Omega
Γραικίσκος schrieb am 04.10.2019 um 00:21 Uhr (Zitieren)
Martin P. Nilsson: "Übernahme und Entwicklung des Alphabets der Griechen" nennt einige Besonderheiten:
- In Abu Simbel steht Ο unterschiedslos für ο und ω.
- Auf Paros, Thasos und Delos herrschte eine der üblichen entgegengesetzte Unterscheidung, nämlich Ω für ο und Ο für ω.
- Gewöhnlich geschieht die Differenzierung durch Zusatz eines Striches unter dem Grundzeichen Ο.
- Auf Melos hingegen wird das Grundzeichen verstümmelt, d.h. C steht für ο, Ο hingegen für ω.

Wenn Du also auf einer Inschrift ein Ο findest, dann kann das vielerlei, u.a. auch ein ω bedeuten.

Damit mache ich für diesmal Schluß. Ich hoffe, ich konnte Dir helfen.
Re: Omega
Γραικίσκος schrieb am 04.10.2019 um 00:24 Uhr (Zitieren)
Eins noch:
Hilfreich fand ich das folgende Buch:
Gerhard Pfohl
Das Alphabet
Entstehung und Entwicklung der griechischen Schrift
Darmstadt 1968

Darin finden sich auch die beiden Aufsätze von Carpenter und Nilsson.
Re: Omega
Scipio Africanus schrieb am 04.10.2019 um 23:11 Uhr (Zitieren)
Erst einmal danke für deine Mühe. Das hilft schon immens weiter. Es ist sehr interessant zu wissen, dass Ω schon (laut der von dir geposteten Inschrift) am Ende des 3. Jahrhunderts vor Christus benutzt wurde. Es war den antiken Griechen also nicht fremd.
Endete die Antike nicht mit der Schließung der Philosophenschule durch Justinian (des Platon wenn ich mich recht erinnere)? Also Mitte/Ende des 6. Jhdts/Anfang des 7. Jahrhunderts. Deshalb meine Annahme, in der Antike wurden nur Majuskel (Unzialschriften etc.) verwendet. Also zumindest für Papyri/Codices stimmt es ja.

Regionale Unterschiede und andere Schreibweisen für Omega klingen logisch und einleuchtend. Anscheinend wurde das Thema wohl nicht ernsthaft untersucht. Aber gut, immerhin kenne ich durch dich und das von dir gefundene antike Dokument mit dem schönen großen Ω ein Beispiel für den Gebrauch der Majuskel.

Wobei mir, während ich das hier schreibe, ein antiker Grabstein als Beispiel einfällt:

https://de.wikipedia.org/wiki/Seikilos-Stele

"Die Seikilos-Stele ist ein altgriechischer Grabstein aus Tralles (Kleinasien), auf dem die Vorform einer musikalischen Notation gefunden wurde. Das in einer antiken Notation eingemeißelte Lied mit griechischem Text wurde frühestens in hadrianischer Zeit (117–138 n. Chr.) und spätestens zu Beginn des 3. Jh. n. Chr. in den Stein geschlagen. Nur in dieser Zeit findet sich in den Inschriften von Tralleis ein volutenförmiger Buchstabe Omega, der über einer durchgehenden Querhaste schwebt. Es ist somit eines der ältesten vollständig erhaltenen Musikstücke [...]."
(https://de.wikipedia.org/wiki/Seikilos-Stele)

Und hier geht es sogar um das Omega, welches ziemlich interessant aussieht.

Trotzdem immer noch verwunderlich, dass die Griechen zwei Schreibweisen für einen Buchstaben hatten. Vielleicht hatten Ω und ω eine unterschiedliche Phonetik?

Re: Omega
Γραικίσκος schrieb am 04.10.2019 um 23:20 Uhr (Zitieren)
Die angegebenen Aussprachen waren immer kurzes oder langes ο, die Schreibweisen aber sehr verschieden. Für das lange ο (bzw. in der heute üblichen Schreibweise (Ω/ω) habe ich gefunden:
- Ο
- Ο mit Punkt mittendrin
- Ο mit Strich darunter
- Ω
(wobei, wie gesagt, auf einigen Inseln die Schreibweise genau umgekehrt war, d.h. Ω für das Omikron)

Es gab halt - selige Zeiten vor KMK und Duden - keine Einheitlichkeit.

Wenn Du also auf einer Inschrift ein Ο findest, kann das verschiedenes bedeuten; es kommt auf den Ort und die Zeit an.
Re: Omega
Scipio Africanus schrieb am 04.10.2019 um 23:25 Uhr (Zitieren)
Alles klar, das hilft mir weiter.

 
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