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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Ein Liebesdrama und ein kluger Arzt (542 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 01.09.2019 um 15:19 Uhr (Zitieren)
Dramatis personae:
- Seleukos I. (reg. 305-281 v.u.Z.), Begründer der Dynastie der Seleukiden
- Stratonike, Tochter des Demetrios Poliorketes, von diesem aus politischen Motiven mit Seleukos verheiratet
- Antiochos I. (reg. 281-261 v.u.Z.), Sohn des Seleukos
- Erasistratos, Arzt des Seleukos
Antiochos verliebte sich in Stratonike, die noch jung war, aber schon ein Kind von Seleukos hatte, war tief unglücklich und gab sich alle Mühe, seine Leidenschaft zu bekämpfen. Als er schließlich zur Erkenntnis kam, daß seine Begierde sträflich und seine Krankheit unheilbar war, und er nicht mehr aus noch ein wußte, sann er auf ein Mittel, seinem Leben ein Ende zu machen, und gedachte unter dem Vorwande, daß er wirklich krank sei, allmählich durch Entziehung aller Pflege und Nahrung zum Erliegen zu bringen.
Erasistratos, der Arzt, erkannte ohne Mühe, daß er verliebt war; da es aber nicht leicht war zu erraten, in wen, so hielt er sich, um das herauszubekommen, ständig in dem Zimmer auf, und wenn ein schöner Jüngling oder eine schöne Frau hereinkam, blickte er auf das Gesicht des Antiochos und beobachtete diejenigen Körperteile und ihre Wandlungen, welche von einer seelischen Erregung besonders in Mitleidenschaft gezogen zu werden pflegen.
Da er nun, wenn andere hereinkamen, unbewegt blieb, aber, wenn Stratonike allein oder mit Seleukos hereintrat, jedesmal alle die Erscheinungen sich an ihm zeigten, welche schon Sappho beschrieben hat *): Stocken der Stimme, glühendes Erröten, Erlöschen der Augen, starke Schweißausbrüche, Störung und Unregelmäßigkeit des Pulsschlages und schließlich, wenn die Seele völlig überwältigt war, Hilfslosigkeit, halbe Ohnmacht und Erbleichen, so kam Erasistratos nach allem zu dem wahrscheinlichen Schluß, daß ein Königssohn gewiß nicht, wenn er eine andere Frau liebte, bis zum Tode im Schweigen verharren würde.
Er hielt es nun zwar für mißlich, das geradeheraus zu sagen; da er sich aber auf die Liebe des Seleukos zu seinem Sohne verließ, so faßte er sich eines Tages ein Herz und sagte, die Krankheit des Jünglings sei nichts anderes als Liebe, aber eine unheilbare, nicht zu befriedigende Liebe, und als Seleukos erschrak und fragte: „Wieso unheilbar?“, erwiderte Erasistratos: „Ja nun, weil er in meine Frau ver-liebt ist.“ „Und könntest du da nicht“, sagte Seleukos, „da du doch unser Freund bist, meinem Sohne deine Ehe zum Opfer bringen, wo doch er allein, wie du siehst, die Stütze meines Hauses ist?“ – „Das würdest doch du selbst als Vater nicht tun“, versetzte Erasistratos, „wenn Antiochos die Stratonike begehrte!“ – „Ach, wenn doch, mein Freund“, sagte da Seleukos, „irgendein Gott oder Mensch alsogleich die Leidenschaft meines Sohnes wandeln und dahin lenken wollte! Mir wäre es recht, selbst auf den Thron zu verzichten, so sehr hänge ich an Antiochos.“
Da Seleukos dies in heftiger Bewegung und unter vielen Tränen sagte, reichte ihm Erasistratos die Hand und sagte, es brauche keinen Erasistratos; er selber, Seleukos, sei Vater, Gatte, König und zugleich der beste Arzt seines Hauses.
Hierauf berief Seleukos eine allgemeine Versammlung und erklärte, es sei sein Wille und Beschluß, Antiochos zum König und Stratonike zur Königin aller Provinzen Innerasiens zu ernennen und sie miteinander zu vermählen; er glaube, daß sein Sohn, der gewöhnt sei, ihm in allem gehorsam und willfährig zu sein, sich auch gegen diese Verbindung nicht sträuben werde, und falls die Frau mit diesem ungewöhnlichen Verfahren nicht einverstanden sei, so bitte er seine Freunde, ihr klarzumachen und sie zu belehren, daß sie, was der König zum Wohle des Staates beschließe, auch für gut und recht zu halten habe.
Aus diesem Anlaß soll es zu der Ehe des Antiochos und der Stratonike gekommen sein.

(Plutarch: Demetrios 38)

*) das „Liebessymptom-Gedicht“ (fr. 31 Voigt), später von Catull ins Lateinische übersetzt

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Auffallend aus heutiger Sicht ist, daß Stratonike als handelnde Person in dieser Geschichte nicht vorkommt - sie ist und bleibt eine Figur im "Spiel" der Männer.

Was hätte Flaubert aus diesem Stoff gemacht? Und was Shakespeare?
Re: Ein Liebesdrama und ein kluger Arzt
Γραικίσκος schrieb am 02.09.2019 um 15:40 Uhr (Zitieren)
Eine germanische Lösung wäre der Zweikampf der Rivalen, eine französische der Ehebruch, eine russische, daß Stratonike mit Seleukos verheiratet bleibt, obwohl sie Antiochos liebt, worauf sie sich alle drei ans Meer setzen und der Melancholie hingeben.

Immerhin haben à la France und à la Russie die Frauen ein Wort mitzusprechen.
 
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