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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Aristoteles rümpft die Nase über das Spielen (801 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 28.08.2019 um 15:20 Uhr (Zitieren)
[...] Bei der Musik erheben sich Fragen: die meisten interessieren sich für sie um des Vergnügens willen, ursprünglich aber galt sie als ein Stück Erziehung, weil die Natur selbst danach strebt, wie oftmals gesagt, nicht nur richtig tätig zu sein, sondern auch in edler Weise Muße üben zu können.
Denn dies ist der Ursprung von allem, um einmal mehr davon zu reden. Wenn man nämlich beides braucht, so ist doch die Muße wünschenswerter als die Arbeit; sie ist das Ziel, und man muß sich fragen, was man in der Muße tun soll. Spielen soll man nicht, denn dann müßte das Spiel das Ziel unseres Lebens sein. Wenn dies ausgeschlossen ist und man eher bei der Arbeit zuweilen spielen soll (der der Arbeitende bedarf der Erholung, das Spiel dient eben dazu, und bekanntlich ist die Arbeit mit Mühe und Anspannung verknüpft), so muß man die Spiele gestatten, aber den Gebrauch genau kontrollieren, um sie als eine Art von Arznei anzuwenden. Denn eine solche Bewegung der Seele ist eine Lockerung und eine lustvolle Erholung.

[Aristoteles: Politik. Hrsg. v. Olof Gigon. Zürich/Stuttgart ²1971, S. 323; 1337b]
Re: Aristoteles rümpft die Nase über das Spielen
filix schrieb am 29.08.2019 um 01:46 Uhr (Zitieren)
Unsere Epoche ist ja gerade dabei, diesen hier noch harten Gegensatz von Arbeit bzw. Leben und Spiel nach zwei Seiten hin zu transformieren. Zum einen durch den professionellen Gamer, der nichts mehr vom moralisch fragwürdigen Eros des Spielers hat, als mögliches Lebens- und Erwerbsmodell, andererseits, in tiefgreifenderer Weise durch Gamification, also die Ausrichtung von eigentlich dem Spiel entgegengesetzten Wirklichkeitsbereichen an dessen Strukturen. Man erholt sich nicht mehr im Spiel, sondern die spielerische Gestaltung seines einstigen Gegenteils macht es, wenn schon nicht zur Erholung, so doch zu einer mit mehr Motivation und bisweilen Erfolg ausgeführten Tätigkeitsform.
Re: Aristoteles rümpft die Nase über das Spielen
Γραικίσκος schrieb am 30.08.2019 um 16:08 Uhr (Zitieren)
Der Gamer - klar.
Von der Gamification habe ich noch nichts gehört. Meinst Du damit, daß das Berufsleben als Wettkampf (wer akquiriert die meisten Kunden?) gestaltet wird?
Re: Aristoteles rümpft die Nase über das Spielen
filix schrieb am 30.08.2019 um 17:50 Uhr (Zitieren)
Es geht nicht nur um kompetitive Elemente wie Ranglisten oder Optimierungsfeedback in Form von Fortschrittsanzeigen, Punktesammeln sondern auch um Quests, die Aufspaltung von Arbeitsprozessen in als Rätsel oder Geschicklichkeitsaufgaben präsentiere Sonderaufgaben, die mit Belohnungssystemen verknüpft sind, Teambildungsprozesse, das Einbetten in für Abenteuer- oder Rollenspiele typische Narrative, die ursprünglich spielfremde Lebenswelten als Spiel erlebbar machen, das Angebot, sich als Spielfigur zu erleben und diese zu gestalten usf.

Gamification, ein seit circa zehn Jahren umlaufender Begriff, beschränkt sich auch nicht aufs Berufsleben, sondern erfasst den Gesundheitsbereich (als Spiel aufgebaute Trainingsprogramme), die Erziehung (Lernspiele aller Art von der Grundschule bis zum Militär, Planung ganzer Ausbildungen als game) und Wissenschaft (die Abarbeitung von monotonen Aufgaben in Spielumgebungen vgl. z.B. https://de.wikipedia.org/wiki/Foldit), soziale Steuerungssysteme (das kommende Soziakreditsystem in China soll einige solcher Spielelemente enthalten - https://18.re-publica.com/de/session/gamified-control-chinas-social-credit-systems) usf.
Re: Aristoteles rümpft die Nase über das Spielen
filix schrieb am 30.08.2019 um 18:04 Uhr (Zitieren)
Übrigens lösen wir vor Absenden jedes Postings hier eine Art primitives Bildersuchspiel, um uns als Menschen zu erweisen. Auch das ein Fall von Gamification.
Re: Aristoteles rümpft die Nase über das Spielen
Γραικίσκος schrieb am 31.08.2019 um 12:54 Uhr (Zitieren)
Danke für die Erklärung. Dieses Phänomen ist wohl an mir vorübergegangen bzw. ich habe es mir nicht bewußt gemacht. Jetzt ist mein Horizont erweitert.
 
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