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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
ἀποδέχομαι (920 Aufrufe)
Ulrich Hiemann schrieb am 17.06.2017 um 17:39 Uhr (Zitieren)
Nach längerem Rätselraten bitte ich um Unterstützung bei folgender Frage: ... παραπλήσιον γὰρ φαίνεται μαθηματικοῦ τε πιθανολογοῦντος ἀποδέχεσθαι καὶ ῥητορικὸν ἀποδείξεις ἀπαιτεῖν. (Aristoteles E.N. p. 1094b 25) Den Teil "... μαθηματικοῦ ... πιθανολογοῦντος ἀποδέχεσθαι ..." übersetzt Rolfes (1911) mit "... von einem Mathematiker Wahrscheinlichkeitsgründe annehmen ...". Die Textstelle hat mit μαθηματικοῦ und πιθανολογοῦντος (PPräsA von πιθανολογέω so sprechen, dass man wahrscheinlich macht) zwei Genitive. ἀποδέχομαι (annehmen, aufnehmen; übtr. verstehen, billigen, anerkennen) fordert nach meinem Verständnis ein Objekt im Akkusativ, während der "Absender" im Genitiv steht. Frage: Warum kann man πιθανολογοῦντος übersetzen mit "Wahrscheinlichkeitsgründe", wenn die Textstelle kein Akkusativobjekt aufweist?
Re: ἀποδέχομαι
Γραικίσκος schrieb am 17.06.2017 um 19:34 Uhr (Zitieren)
"Oft aber liegt der Acc. der Sache versteckt in einem dem Gen. der Pers. beigegebenen Partic. [...], so dass der Gen. der Person allein erscheint neben ἀποδέχεσθαι [...]."
(Passow)
Re: ἀποδέχομαι
Φιλομαθής schrieb am 18.06.2017 um 08:54 Uhr (Zitieren)
Einleuchtender erscheint es mir, den Genitiv μαθηματικοῦ πιθανολογοῦντος, statt aus der Rektion, durch einen genitivus absolutus zu erklären (so z. B. der Gemoll). Ἀποδέχεσθαι wäre dann absolut gebraucht und μαθηματικοῦ πιθανολογοῦντος stünde als Adverbial mit konditionalem oder konzessivem Sinn. Ἀποδέχεσθαι μαθηματικοῦ πιθανολογοῦντος ließe sich z. B. mit "nichts auszusetzen haben, wenn ein Mathematiker rhetorische Kniffe anwendet" übersetzen.

Beim πιθανολογεῖν geht es hier nicht darum, dass etwas "wahrscheinlich gemacht" wird, sondern dass es eine Redeweise ist, die mit πειθώ ("Überredung") arbeitet, also eigentlich das Metier der Redner ist.
Re: ἀποδέχομαι
Βοηθὸς Ἑλληνικός schrieb am 18.06.2017 um 09:48 Uhr (Zitieren)
So stehts im LSJ. Die obige Stelle ist erwähnt:

etc.: c. gen. pers. mostly with part. added, ἀ. τινὸς λέγοντος receive or accept a statement from him, i.e. believe or agree with his statements, Id.Phd.92a, 92e; “μὴ ἀποδέχεσθε τούτου φενακίζοντος ὑμᾶς” D.56.31; “ἀ. μαθηματικοῦ πιθανολογοῦντος” Arist.EN1094b26
Re: ἀποδέχομαι
Γραικίσκος schrieb am 18.06.2017 um 15:11 Uhr (Zitieren)
Darf ich Φιλομαθής so verstehen, daß nicht nur die von Ulrich Hiemann zitierte Übersetzung (Rolfes 1911), sondern auch die von Dirlmeier innerhalb der großen deutschen Aristoteles-Gesamtausgabe falsch ist?
Re: ἀποδέχομαι
Γραικίσκος schrieb am 18.06.2017 um 15:22 Uhr (Zitieren)
Ich sehe, daß William Wilkinson (Oxford 1809) die Stelle folgendermaßen ins Lateinische übersetzt hat:
"nihil enim videtur interesse, utrum mathematicum rationibus ad persuadendam accommodatis utentem feras, an ab ortatore demonstrationes postules."

Das bestätigt m.E. Φιλομαθής.
Re: ἀποδέχομαι
Γραικίσκος schrieb am 18.06.2017 um 16:34 Uhr (Zitieren)
Βοηθὸς Ἑλληνικός schrieb am 18.06.2017 um 08:48 Uhr (Zitieren)
So stehts im LSJ. Die obige Stelle ist erwähnt:

Und zwar für πιθανολογέω: use probable arguments, Arist. EN 1094b 26
Re: ἀποδέχομαι
Ulrich Hiemann schrieb am 18.06.2017 um 18:45 Uhr (Zitieren)
Ich danke den Beteiligten für ihre ausführlichen Hinweise.
Re: ἀποδέχομαι
Φιλομαθής schrieb am 19.06.2017 um 09:38 Uhr (Zitieren)
Zitat von Γραικίσκος am 18.6.17, 15:11Darf ich Φιλομαθής so verstehen, daß nicht nur die von Ulrich Hiemann zitierte Übersetzung (Rolfes 1911), sondern auch die von Dirlmeier innerhalb der großen deutschen Aristoteles-Gesamtausgabe falsch ist?

Von "richtig" und "falsch" sollte nicht geredet sein. Aber ich finde, dass der Gegensatz des πιθανολογεῖν zur ἀπόδειξις nicht deutlich genug herausgestellt wird, wenn man darunter "so sprechen, dass man wahrscheinlich macht" versteht.

Im vorliegenden Fall der Gegenüberstellung von mathematischer Wissenschaft und Rhetorik, halte ich es nicht für unangemessen, bei der Übersetzung die Mitglieder der Wortfamilie von πιθανός, also πείθειν und πειθώ, im Blick zu behalten.

Zur Klärung der Begriffe lässt sich aber auch eine Stelle aus Platons Theaitetos (162e) (die Aristoteles im Sinn gehabt haben mag) heranziehen, wo ἀπόδειξις und ἀνάγκη auf der einen und πιθανολογία und τὰ εἰκότα auf der anderen Seite stehen.
 
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