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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Rätsel (734 Aufrufe)
Φιλομαθής schrieb am 20.02.2016 um 22:08 Uhr (Zitieren)
Ihr Vater, angeblich ein Grieche, in Wahrheit ein Franzose, war - im Geiste - ein Bruder Chattertons und Macphersons. Kaum sechzehnjährig gebar sie ein Kind, das sie verließ, um eine Schülerin der Sappho zu werden. Mit über sechzig wurde sie wiederum Mutter. Ihre zahlreichen Töchter waren sämtlich Amerikanerinnen. Wie hieß die Dame?
Re: Rätsel
Γραικίσκος schrieb am 21.02.2016 um 11:59 Uhr (Zitieren)
Das klingt seltsam, wie um die Ecke gedacht.
Ich bin auch den Literaturrätseln im SRW2 nicht gewachsen.
Re: Rätsel
Φιλομαθής schrieb am 21.02.2016 um 13:32 Uhr (Zitieren)
Ja, etwas verqueer gedacht ist das schon. Die fiktive und die außerliterarische Biographie der Figur wurden verschränkt.
Re: Rätsel
Γραικίσκος schrieb am 21.02.2016 um 13:44 Uhr (Zitieren)
Dann ist das mit über 60 Jahren geborene Kind gewiß ein Buch.
Re: Rätsel
Φιλομαθής schrieb am 21.02.2016 um 21:10 Uhr (Zitieren)
Nein, kein Buch. Der Satz ist so zu verstehen, dass mehr als sechzig Jahre, nachdem ihre Werke (und mithin sie selbst) das Licht der Welt erblickt hatten, sich zahlreiche Frauen (aus Fleisch und Blut) zu Töchtern der Gesuchten erklärten.
Re: Rätsel
filix schrieb am 21.02.2016 um 21:57 Uhr (Zitieren)
Im deutschsprachigen Raum hält man die Gesuchte vermutlich zunächst für eine Verwandte Emmanuelles ... :)
Re: Rätsel
Φιλομαθής schrieb am 21.02.2016 um 23:26 Uhr (Zitieren)
Ach Gott ja, das steht zu befürchten. Nun gut, abseits weichgezeichneter Erotikfilmchen, war deren literarische Vorlage gesucht: die Bilitis des französischen Dichters Pierre Louÿs. Die unter dem Titel Les Chansons de Bilitis erschienene Sammlung von Prosagedichten wurde unter der Legende, eine Übersetzung neuaufgefundener Gedichte einer bislang unbekannten Dichterin aus dem Umkreis der Sappho zu präsentieren, im Jahre 1894 veröffentlicht. Die 1955 gegründete erste Organisation von Lesben in den USA nannte sich in Anlehnung an diese Figur Daughters of Bilitis.

Meine Gratulation jedenfalls, filix, zur Lösung des Rätsels!
Re: Rätsel
Γραικίσκος schrieb am 22.02.2016 um 10:53 Uhr (Zitieren)
Da bin ich doch froh, daß ich wenigstens Pierre Louÿs kenne.
Re: Rätsel
filix schrieb am 22.02.2016 um 22:32 Uhr (Zitieren)
Danke - von Debussy gibt es eine schöne Vertonung dreier Gedichte aus dem Zyklus:

https://www.youtube.com/watch?v=3VmOCAnhAS8

Nicht ohne rezeptionsgeschichtlichen Unterhaltungswert ist eine zeitgenössische Besprechung in den Göttingischen gelehrten Anzeigen des Textes durch Wilamowitz-Moellendorff. Schon die Einleitung gibt das Programm aus:

"Ein Band französischer Gedichte mit teilweise widerlich unzüchtigem Inhalt mag für eine Besprechung an diesem Ort ungeeignet erscheinen: allein ich finde, daß er Beachtung verdient und ergreife die Gelegenheit, Dinge auszusprechen, die mir lange am Herzen liegen. Mit ist es um die Reinheit einer großen Frau zu thun, da scheue ich mich nicht, herzhaft in den Kot zu fassen."

Nachdem er en passant, Lob und Tadel noch einigermaßen gerecht verteilend, die vermeintliche Übersetzung als Fiktion entlarvt, einige erhellende Bemerkungen zur historischen Entwicklung der griechischen Dichtkunst zwischen, wie er das nennt, Hellenischem und Hellenistischem und dem Klassizismus, der sich in Louÿs' Stil offenbart, gemacht hat, verpasst er dessen nostalgischem Schielen nach einem verlorenen Paradies der ungehemmten Sinneslust endlich eine harsche Abfuhr, um sogleich Bilitis mit folgenden Worten als Widerpart Sapphos, um deren Reinheit es sich dreht, zu charakterisieren:

"Wer sein Leben daran setzt, die Hellenen wirklich verstehn zu lernen, dem wird ihre Cultur zu keiner Zeit ein Paradies sein, aber die Zeit, in der Bilitis lebte, wird er vermutlich als die entscheidende für die Cultur der Welt betrachten, weil die Hellenen damals von moralischen, politischen und intellectuellen Fragen bis in die Tiefen der Seele bewegt waren und neben dem freien Staate die freie Wissenschaft von der Natur und vom Menschen erzeugten: das höchste, was sie uns geschenkt haben.

Aber ich will mich hier nur an die Lyrik halten. Da sei zunächst constatirt, daß es psychologisch undenkbar ist, ein Weib wie diese Bilitis, die nur ein animalisches Leben führt, nur le sexe ist, könne dichten, könne sagen, was sie fühlt. Sie könnte nicht, wenn sie wollte, aber sie würde gar nicht erst wollen. Es ist, als sollten Diderots bijoux ohne ein Wunder reden: sie sind für P. L. allerdings die einzigen oder doch die größten Götter. Hätten die Hellenen ein Leben geführt, wie er ihnen zutraut, d. h. ihre Vernunft nur gebraucht um tierischer als jedes Tier zu sein, so wären ihre Lyriker so wenig aufgetreten wie ihre Propheten und Weisen."

https://archive.org/stream/GoettingischeGelehrteAnzeigen1896/Goettingische_gelehrte_Anzeigen_1896#page/n643/mode/2up

Re: Rätsel
Φιλομαθής schrieb am 23.02.2016 um 10:08 Uhr (Zitieren)
Tatsächlich? Der große Wilamowitz hat sich in die Niederungen der Boudoirliteratur begeben? Den Artikel will ich mir noch einmal in Gänze durchlesen. Sei bedankt!
 
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