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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Sokrates und die Spinne der Liebe (26 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 12.12.2025 um 14:58 Uhr (Zitieren)
Xenophon, Erinnerungen an Sokrates I 3:
[...]
„Du Unglücklicher!“ rief Sokrates, „und was, glaubst du, wird aus dir werden, wenn du einen schönen Jungen küßt? Würdest du nicht sofort ein völliger Sklave sein statt eines freien Menschen, viel für schädliche Vergnügen aufwenden, viel Zeit verlieren, dich um Wertvolles zu kümmern, und gezwungen werden, dich mit Dingen abzugeben, mit denen sich nicht einmal ein Wahnsinniger abgeben würde?“

„Beim Herakles“, entgegnete da Xenophon, „wie furchtbar ist nach deiner Behauptung die Macht des Kusses.“

„Und darüber wunderst du dich?“ fiel ihm Sokrates ins Wort, „weißt du nicht, daß die Spinnen, die nicht einen halben Obolos groß sind, lediglich durch die Berührung des Mundes die Menschen durch Schmerzen quälen und ihnen den Verstand rauben?“

„Ja, bei Gott“, meinte Xenophon, „die Spinnen spritzen bei dem Biß etwas ein.“

„Du Tor“, entgegnete Sokrates, „glaubst du nicht, daß auch die Schönen beim Kuß etwas einspritzen, was du nicht siehst? Weißt du nicht, daß dies Tier, das man einen schönen, blühenden Jungen nennt, um so viel furchtbarer ist als die Spinnen? Denn jene berühren nur, dieses Tier aber braucht nicht zu berühren, sondern wenn es jemand nur ansieht, dann spritzt es etwas ein, und zwar ganz aus der Ferne, so daß es zum Rasen bringt. Vielleicht nennt man die Eroten deswegen Bogenschützen, weil die Schönen auch aus der Ferne verwunden. Also ich rate dir, lieber Xenophon, fliehe eiligst, wenn du einen schönen Jungen siehst. Dir aber, mein Kritobulos, rate ich, ein Jahr lang zu verreisen, du kannst nämlich kaum in kürzerer Zeit von dem Biß gesund werden.“

Er glaubte nämlich, daß Menschen, die in der Liebe ihrer selbst nicht sicher seien, das lieben müßten, wozu ihre Seele sich nicht hingezogen fühlte, wenn es der Körper nicht dringend verlange; wenn er es aber nötig habe, dann keine Schwierigkeiten mache. Er selbst war offenbar in dieser Beziehung so gewappnet, daß er sich leicht der schönsten und blühendsten Knaben enthielt, so wie die anderen der häßlichsten und unreifsten.
[...]

(Xenophon: Die sokratischen Schriften. Hrsg. v. Ernst Bux. Stuttgart 1956, S. 76 f.)
 
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